Auf ein Neues!

Der Umstieg auf individuelle Einzelverträge für die Kabel-TV-Nutzer ist derzeit in der praktischen Umsetzung. Wer gedacht hat, dass mit dem Wegfall der Umlagefähigkeit der Kabel-TV-Entgelte am 30. Juni 2024 das Thema Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKMoG) erledigt sei, wird aber aktuell eines Besseren belehrt. Der durch die TKG-Novelle ausgelöste Hype in Sachen Glasfaserausbau nimmt weiter Fahrt auf und stellt die Immobilienunternehmen vor neue Herausforderungen.

Trotz anstehendem Glasfaserausbau und die durch die TKG-Novelle verursachten Probleme und Mehrarbeit bei vielen Immobilienunternehmen sollte zudem nicht vergessen werden, dass bei Millionen von Haushalten bereits vor dem 30. Juni 2024 die freie Wahl eines Kabel-TV-Anschlusses gegeben war. Immobilienunternehmen tun auch weiterhin gut daran zu prüfen, wann ihre Gestattungen zur Medienversorgung auslaufen und, dass bei einem Neuabschluss auch ein Glasfaserausbau der Netzebene 4 berücksichtigt werden sollte.

Es ist noch etwas zu früh, um alle Marktreaktionen zu beurteilen. Aber welche Unkenrufe wurden im Vorfeld doch laut, dass die Umsetzung der TKG-Novelle zu schwarzen Bildschirmen, einer Kostenexplosion für die Teilnehmer und zu einem dramatischen Kundenrückgang führen würde. Natürlich hat ein Teil der bisherigen Kabel-TV-Haushalte die Gelegenheit genutzt, um neue Versorgungswege über IPTV (TV-Empfang über Internet) und vielleicht auch DVB-T (terrestrischer TV-Empfang) anzutesten oder sogar ganz auf ein festes TV-Abonnement zu verzichten.

Studien über Studien

Eine Studie der AGF Videoforschung zum Zeitpunkt der Umstellung hat allerdings darauf verwiesen, dass über die Hälfte aller betroffenen Kabel-Haushalte, die mit dem Wegfall des sogenannten Nebenkostenprivilegs konfrontiert wurden, bei ihrem Kabelanbieter verbleiben wollen. Zehn Wochen nach dem Stichtag liefert aber eine weitere Umfrage des TV-Streaming-Anbieters Zattoo erste repräsentative Zahlen und einen interessanten Einblick in das Wechselverhalten betroffener Mieter.

Fast ein Drittel der Betroffenen ist bislang nicht selbst aktiv geworden – erst ein Drittel der betroffenen Mieterhaushalte hat einen eigenständigen Vertrag abgeschlossen. Etwa jeder sechste gibt an, die Empfangsart gewechselt zu haben. Ein beinahe gleich großer Anteil gibt an, gar kein klassisches Live-Fernsehen mehr zu schauen. Wer es denn glaubt!

Jeder zehnte betroffene Mieter schaut Kabelfernsehen wohl ohne gültigen Vertrag, da man darauf wartet, dass der Kabelnetzbetreiber aktiv wird. Allerdings erfordert schon die Größenordnung an umzustellenden Wohneinheiten eine gewisse Demut – rund zehn Millionen Haushalte sollen in ein Einzelinkasso überführt werden – ein Mammutprojekt für alle Netzbetreiber!

Was passiert wirklich?

Der größte Teil der Mieter wird nach wie vor ihr TV-Programm bequem über den bisherigen Übertragungsweg empfangen wollen und einen individuellen Vertrag mit einem Kabelnetzbetreiber abschließen. Es gibt vielfältige vertriebliche Anstrengungen, die von Seiten der Betreiber unternommen wurden, um die bisherigen Kunden zum Teil mit erheblichen Sonderkonditionen und Zugeständnissen bei der Stange zu halten. Ebenso gibt es ein unterstützendes Engagement vieler Immobilienunternehmen, um weiterhin ihren Mietern einen vereinfachten TV-Zugang zu ermöglichen.

Tatsächlich ist abzuwarten, wie die jetzt angekündigten „Abklemmaktionen“ verlaufen werden – werden die Bildschirme wirklich schwarz werden und bleiben oder wird der Mieter dann doch einen neuen Vertrag abschließen.

Das Momentum nutzen!

Der Wettbewerb der Kabelnetzbetreiber hat im Rahmen der Neuverhandlungen aufgrund des Wegfalls der Umlagefähigkeit zu ausgezeichneten Angeboten geführt, gleichzeitig wurde häufig auch der Neubau einer Glasfaser-Infrastruktur bis in jede Wohnung (FTTH) vereinbart.

Damit wurde auf die gestiegene Nachfrage nach Glasfaser reagiert, die insbesondere durch massive Vertriebsmaßnahmen einzelner Anbieter geschürt wurde. Es steht außer Frage, dass die vorhandenen Brückentechnologien Kupfer-Doppelader (altes Telefonnetz) und die koaxiale Infrastruktur (Kabelnetz) an ihre physikalischen und wirtschaftlichen Grenzen stoßen werden, aber es ist unbedingt sinnvoll, den Prozess eines weiteren Netzausbaus als Migrationsszenario selbstbestimmt zu planen und umzusetzen. Die TKG-Novelle hat zwar den rechtlichen Rahmen definiert, der den freien Zugang eines Glasfaseranbieters zu einem Gebäude ermöglicht (§ 134 TKG), aber der Ausbau mit Glasfaser bis in jede Wohnung sollte die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort umfassend berücksichtigen. Kompetente Beratung hilft im Dschungel von Vertragsbedingungen, den richtigen Pfad zu finden.

Dies gilt gleichermaßen auch für die Immobilienunternehmen, die schon vor dem Stichtag 30. Juni 2024 ihren Mietern die freie Wahl des Kabel-TV-Anschlusses ermöglicht haben. Angebotsabfragen oder Ausschreibungen führen auch hier zu besseren Konditionen und fairen Bedingungen, wenn Verträge zur Medienversorgung und der Glasfaserausbau bis in die Wohnungen neu vereinbart werden sollen.

Autor
Dietmar Schickel
d.schickel@schickel.de