ENDLICH DRIN!

Mit einer gut besuchten Podiumsdiskussion und hochkarätigen Gästen eröffnete der VBKI Berlin (Verein Berliner Kaufleute und Industrieller e.V.) den Reigen der in diesem Jahr noch vielfach folgenden Diskussionsrunden zum Thema Breitbandausbau in Deutschland.


Unter der Moderation von Dietmar Schickel diskutierten am 15. Januar 2019 im Ludwig-Erhard Haus Berlin Ulrich Jursch, Degewo NetzWerk GmbH, Ulrich Lange (MdB), Mitglied des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur im Deutschen Bundestag, René Obermann, Geschäftsführer von Warburg Pincus Deutschland GmbH und ehemaliger Vorstandvorsitzender der Deutschen Telekom und Jörn Schoof, Head of Broadband EON SE. Das einführende Impulsreferat hielt Herr Andreas Windolph, Fachbereichsleiter Network Consulting & Planning bei der TÜV Rheinland Consulting GmbH.

20 Jahre ist es her, dass Boris Becker erstaunt feststellte „Ich bin ja schon drin – das ist ja einfach“, in einer Werbung des Unternehmens AOL (American Online) im Jahr 1999, damals einer der größten Internetdienstleister. Wer kennt heute noch AOL – Google, Amazon und Facebook dominieren den Markt und Anbieter wie NETFLIX oder Amazon Video benötigen gigantische Bandbreiten zur Bereitstellung ihrer vielfältigen Bewegtbild-Angebote.

Zwar sind viele zwischenzeitlich „Endlich Drin“, aber Andreas Windolph machte in seinem Einführungsreferat deutlich, dass sich in Deutschland bei hohen Bandbreiten eher ein Trauerspiel, denn ein Happyend abzeichnet. In seiner Standortbestimmung wies er darauf hin, dass der Breitbandbedarf in den nächsten Jahren weiter wachsen wird. Die aktuellen Bestrebungen für einen schnelleren Ausbau der Glasfaserinfrastruktur würden aber nicht unbedingt zu optimistischen Prognosen führen. Ein Industrie- und Wirtschaftsstandort wie Deutschland müsste aber seine Anstrengungen dramatisch erhöhen, damit das Gigabit-Zeitalter tatsächlich beginnen kann.

Nach der Vorstellung der Diskutanten verwies Dietmar Schickel darauf, dass zwar alle für einen Glasfaserausbau seien und diverse Anstrengungen unternommen würden, um den Breitbandausbau zu fördern, ein Platz vor Rumänien im europäischen Ländervergleich sei aber auf keinen Fall eine Erfolgsstory. „Woran liegt es in Deutschland, dass man nicht schneller vorankommt?“, so seine Einstiegsfrage.

MdB Lange meinte dazu, Deutschland sei deshalb nur im hinteren europäischen Mittelfeld zu finden, was den Breitbandausbau angehe, da dies unter anderem auch Fehler und Versäumnisse der Politik in den letzten Jahrzehnten gewesen seien. Dies habe man erkannt und man sei dabei diese Fehler zu korrigieren.

Mit einem kleinen Seitenhieb auf die Telekom leitete Dietmar Schickel die Frage an René Obermann weiter – „Vectoring“ und „Supervectoring“ seien ja keine probaten Mittel, um den Glasfaserausbau nach vorne zu bringen. Vehement machte René Obermann deutlich, dass die politische Vorgabe – Breitbandanschlüsse überall in Deutschland zum gleichen Preis bereitzustellen – wirtschaftlich nicht zu machen war und sei. Kaum ein Unternehmen würde aktuell so viel in den Breitbandausbau investieren wie die Deutsche Telekom. Obermann betonte mehrfach, dass die regulatorischen Bedingungen für einen frühzeitigen und schnellen FTTH-Ausbau aufgrund fehlender Planungssicherheit völlig ungeeignet waren. Deutschland sei zurückgefallen, weil die Preisregulierung des bestehenden Netzes der Telekom zwar zu billigen Verbraucherpreisen geführt hätten, aber im Gegenzug ein flächendeckender Ausbau des Glasfasernetzes privatwirtschaftlich nicht finanzierbar war und ist.

Aber zwischenzeitlich sei auch für andere Unternehmen genug Geld vorhanden, um mit einem vernünftigen Wirtschaftsplan in das Breitbandgeschäft einzusteigen. Privates Engagement wäre das, was den Ausbau beschleunigen würde, wie dies verschiedene alternative Glasfasernetz-Betreiber eindrucksvoll unter Beweis stellen würden.

Auch E.ON betätige sich nunmehr im Breitbandausbau, bemerkte Jörn Schoof, Head of Broadband. Als Energieversorger und damit Infrastrukturunternehmen, sehe man die Schwierigkeiten im Breitbandausbau, sei aber bereit in dieses Geschäftsfeld zu investieren. Man verstehe genügend von Tiefbau und der Bereitstellung von Infrastruktur für Dritte, um eine entsprechend aktive Rolle in diesem Geschäft zu übernehmen.

Als massives Problem, betonten alle Diskutanten, habe man fehlende Planungs- und Ausbaukapazitäten feststellen müssen. Mit dem Blick auf Berlin ergänzte Herr Jursch, dass es grundsätzlich notwendig sei, dass auch Wohnungsunternehmen den Glasfaserausbau in ihren Liegenschaften bis zu den Wohnungen vorantreiben, allerdings mangele es auch hier an kompetenten Unternehmen, die in der Lage wären diesen Glasfaserausbau bis in die Wohnungen auch wirklich technisch einwandfrei umzusetzen. Die Nutzer der Glasfaserinfrastruktur wären auf jeden Fall bereit für stabile und hohe Bandbreiten zu zahlen, so die Erfahrungen der Degewo, der größten städtischen Gesellschaft Berlins mit über 70.000 Haushalten.

PodiumsdiskussionEinig waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, dass bei einer Forderung nach einem 5G Ausbau nicht vergessen werden sollte, dass dafür generell eine Glasfaserinfrastruktur notwendig sei, um die angestrebten Leistungen dieses Standards auch tatsächlich zu erhalten. Die Gesamtinvestitionen beliefen sich, so René Obermann, auf etwa 100 Milliarden EUR, eine Summe, die weder der Staat noch einzelne Unternehmen alleine stemmen könnten.

Moderator Dietmar Schickel bat am Ende der Veranstaltung, den Satz „Deutschland verfügt 2025 über …“ zu vervollständigen. Unisono waren sich alle Teilnehmer einig, dass Deutschland zu diesem Zeitpunkt über eine entsprechende Infrastruktur verfügen wird, aber keinesfalls jedes letzte Gebäude zu diesem Zeitpunkt mit einem Gigabitanschluss ausgestattet sein wird.

Genügend Stoff für eine weitere Gesprächsrunde!

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