Sachstand: DigiNetzG

Das neue DigiNetz-Gesetz sorgt für große Unsicherheit bei Wohnungsunternehmen und Kabelnetzbetreibern. Zahlreiche Interpretationen und Handlungsempfehlungen machen es schwer, den Überblick zu behalten und sachgerechte Entscheidungen für die bestmögliche Medienversorgung zu treffen.

In einem Workshop der DSC-Berater zum „DigiNetz-Gesetz“ stellte Telekommunikationsexperte Rechtsanwalt Dr. Christoph Enaux von Greenberg Traurig Germany das Gesetz vor und gab Handlungsempfehlungen für dessen Anwendung aus Sicht der Wohnungswirtschaft.

Am 26. Oktober wurde Greenberg Traurig vom führenden deutschen Anwaltsverzeichnis JUVE als Kanzlei des Jahres 2017 für Immobilienwirtschaftsrecht sowie Immobilien- und Baurecht ausgezeichnet – nicht zuletzt für die besondere Expertise der Kanzlei in Sachen Digitalisierung. Eine gute Gelegenheit für Gründer und Inhaber Dietmar Schickel, nicht nur herzlich zu dieser Auszeichnung zu gratulieren, sondern auch ein Upgrade in Sachen DigiNetzG für alle Berater der DSC Dietmar Schickel Consulting zu erhalten. Der Bericht fasst die Ergebnisse des Workshops zusammen.

Gratulation und Dank an Rechtsanwalt Dr. Enaux
v.l.n.r. DSC Inhaber Dietmar Schickel – Rechtsanwalt Dr. Enaux

Dass ein schneller Internetzugang, über den moderne Medienangebote komfortabel genutzt werden können, mittlerweile zur Grundversorgung eines Gebäudes gehört, dürfte zwischenzeitlich nicht mehr in Frage gestellt werden. In Deutschland verläuft der dafür notwendige flächendeckende Ausbau der Breitbandnetze allerdings nur schleppend. Um den Ausbau der Versorgung mit schnellem Internet zu beschleunigen, ist seit November 2016 das „Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze“, kurz DigiNetzG, in Kraft getreten – auch mit Folgen für die Wohnungswirtschaft und die Netzbetreiber.

Mehr Transparenz bei der Verlegung in der Fläche

Das neue Gesetz folgt einer EU-Richtlinie und war daher in weiten Teilen inhaltlich bereits vorgegeben. Neben dem Ziel, die Kosten für den Auf- und Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze zu senken, enthält das Gesetz darüber hinaus auch weitere Regelungen zur Förderung des Breitbandausbaus wie z.B. die Verpflichtung, bei öffentlich finanzierten Bauarbeiten eine bedarfsgerechte Mitverlegung von Glasfaserkabeln sicherzustellen, oder die Erleichterung der Verlegung von Breitbandnetzen in geringerer Verlegetiefe.

Wohnungsstich und Mitnutzung von Gebäudenetzen

Während die genannten Vorgaben Bedeutung für den Breitbandausbau in der Fläche haben, behandelte der Vortrag von Dr. Enaux die Vorgaben für den Zugang zu und die Nutzung von Netzen in Gebäuden. Diese Neuregelungen haben wesentliche Konsequenzen für Wohnungsunternehmen.

Auch vor Inkrafttreten des DigiNetzG hatten Telekommunikationsnetzbetreiber schon die Befugnis, ihre Netze auf privaten Grundstücken Dritter ohne Zustimmung des jeweiligen Eigentümers zu verlegen und deren Gebäude im Wege des sog. „Hausstichs“ an ihr Netz anzuschließen. Allerdings gab es bislang keine Möglichkeit, dass ein Anbieter ohne Gestattung des Eigentümers Netze auch innerhalb der Gebäude verlegt und über diese Netze die Mieter der jeweiligen Gebäude versorgt. Der neue § 77k Absatz 1 TKG sieht jetzt die Möglichkeit eines sog. „Wohnungsstichs“ vor. Das bedeutet, dass der Netzbetreiber sein Netz ohne Gestattung des Eigentümers in den Räumen des Teilnehmers abschließen darf.

Neben einer Zustimmung des Mieters zu diesem Abschluss ist Voraussetzung für einen Anspruch auf einen Wohnungsstich, dass der Netzbetreiber keine Möglichkeit hat, bereits im Haus vorhandene Netze und Netzinfrastrukturen wie z.B. Leerrohre mitnutzen zu können. Parallel hierzu enthält das DigiNetzG auch einen eigenen „Mitnutzungsanspruch“ in § 77k Abs. 2 und 3 TKG, der die Voraussetzungen für eine solche Mitnutzung regelt. Danach muss die Mitnutzung u.a. zumutbar sein – was z.B. nicht der Fall sein dürfte, wenn durch die Mitnutzung eigene Angebote des bisherigen Netzbetreibers verhindert oder deutlich erschwert werden. Auch muss der Anspruchsteller darlegen, dass die Verlegung einer neuen Infrastruktur entweder technisch nicht möglich oder wirtschaftlich ineffizient ist.

Für die Mitnutzung muss der neue Netzbetreiber an den Verfügungsberechtigten der Netzinfrastruktur ein angemessenes Zugangsentgelt zahlen. Im Streitfall hat die Bundesnetzagentur die Befugnis, über eine eigens neu eingerichtete Schiedsstelle verbindlich sowohl über die Angemessenheit der Zugangsbedingungen als auch über die Höhe des Zugangsentgelts zu entscheiden.

Kritik am DigiNetzG

Die Teilnehmer des Workshops berichteten, dass die Wohnungswirtschaft den Wohnungsstich und auch den Mitnutzungsanspruch sehr kritisch sieht. Die Befürchtung, dass das Vorgehen zu Infrastruktur-Flickenteppichen führt, die sinnvolle Ausbaukonzepte verteuern, ist groß. Wohnungsunternehmen befürchten zudem, dass die vielleicht gut gemeinte Gesetzesregelung mehr Unsicherheit hervorruft, als positiv den Breitbandausbau zu beschleunigen.

Dr. Christoph Enaux konnte diese Beobachtung bestätigen. „Beim DigiNetzG sind dem Gesetzgeber zahlreiche handwerkliche Fehler unterlaufen, die in der Praxis zu großen Auslegungsschwierigkeiten und dementsprechend Unsicherheit bei Netzbetreibern und Wohnungswirtschaft führen“, führte der Experte aus. „Ein Beispiel hierfür ist, dass die Mitnutzung an sich Vorrang vor dem Recht auf Wohnungsstich hat. Gleichzeitig besteht aber nur dann ein Anspruch auf Mitnutzung, wenn kein Wohnungsstich möglich ist. Wie sich dieser Zirkelschluss in der Praxis auflösen lässt, ist noch offen. Auch bei den Mitnutzungsentgelten hat sich der Gesetzgeber von praxisfernen Fehlvorstellungen leiten lassen, die dazu führen, dass das DigiNetzG Investitionen in neue Netze eher behindert als fördert.“

Sowohl die Bundesnetzagentur als auch das für den Breitbandausbau zuständige Bundesverkehrsministerium hätten die bestehende Verunsicherung erkannt und Arbeitsgruppen aufgesetzt, die die wesentlichen Auslegungsprobleme des DigiNetzG klären sollen. Allerdings sei mit schnellen Lösungen und insbesondere etwaigen Gesetzesänderungen für missglückte Regelungen kurzfristig nicht zu rechnen.

In Bezug auf den Wohnungsstich hatte Dr. Enaux aber auch eine gute Nachricht für die Berater von DSC: „Wohnungsunternehmen, die bereits in neue mitnutzungsfähige Netze investierten, haben in der Regel nicht zu befürchten, dass andere Netzbetreiber ohne ihren Willen weitere Netze in den Gebäuden verlegen können.“

Übereinstimmend stellten die Teilnehmer fest, dass Wohnungsunternehmen angesichts der Auslegungsschwierigkeiten verstärkt Rat bei Industrieexperten suchen. Dietmar Schickel, Gründer und Inhaber von DSC vermerkte zum Abschluss der Schulung: „Wie groß die Unsicherheit ist, merken wir derzeit an der verstärkten Nachfrage nach Workshops über das Thema. Eine unabhängige Beratung, die sich den individuellen Ängsten und Sorgen der Beteiligten annimmt, ohne dabei nur ein Interesse für die eine oder andere Seite zu vertreten, scheint den Vertretern der Wohnungswirtschaft ein echtes Bedürfnis zu sein.“

Mit einem Dank an Dr. Enaux für die interessanten Ausführungen endete der Workshop mit wichtigen neuen Erkenntnissen für die teilnehmenden Partner.

Dr. Christoph Enaux LL.M. (Georgetown)
Partner/Rechtsanwalt Greenberg Traurig Germany, LLP
Potsdamer Platz 1 10785 Berlin
Tel +49 30 700 171-140 | Mobile +49 162 243 0021
Christoph.Enaux@gtlaw.com | www.gtlaw.de

Dr. Christoph Enaux ist Rechtsanwalt und Partner bei der wirtschaftsberatenden Sozietät Greenberg Traurig. Dort leitet er die Branchengruppe Telekommunikation sowie die Praxisgruppe Wettbewerbs- und Kartellrecht in Deutschland.

Er berät bei der vertragsrechtlichen und regulatorischen Strukturierung neuer Geschäftsmodelle in den Bereichen Telekommunikation, Medien und Technologie. Darüber hinaus begleitet er Mandanten aus allen Branchen bei der Durchführung von kartellrechtlichen Regulierungs-, Fusionskontroll- und Missbrauchsverfahren einschließlich gerichtlicher Klageverfahren.

Als Leiter der Praxisgruppe Digital Real Estate beschäftigt er sich zudem intensiv mit der rechtlichen Beratung im Zusammenhang mit dem Einsatz digitaler Technologien in der Immobilienwirtschaft.

Vor seinem Wechsel zu Greenberg Traurig war Dr. Christoph Enaux Partner bei Olswang in Berlin und davor fünf Jahre im Bereich Technologie, Medien und Telekommunikation bei Linklaters tätig.

Weitere Informationen erhalten Sie zu diesem Thema unter
info@schickel.de Stichwort: DigiNetzG